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„Was der Wettbewerb sagt, interessiert mich nicht.“

Felix Undeutsch von Expedia MeetingMarket im Interview

Felix Undeutsch von Expedia MeetingMarket

Der MICE Club im Gespräch mit Felix Undeutsch, Head of MICE & Groups bei Expedia.com: Zur ersten Bilanz der im Juli 2015 live-gegangenen MICE-Plattform „MeetingMarket“, warum Direktbuchungen 10x effizienter sind als Anfragen und warum Expedia seine Technologie Wettbewerbern zur Verfügung stellt.

MICE Club: Herr Undeutsch, im Juli letzten Jahres haben Sie mit ‚MeetingMarket’ eine MICE-Plattform gelauncht, die es Planern ermöglicht Veranstaltungen in Echtzeit zu konfigurieren und auf Knopfdruck Verfügbarkeiten & Preise anzeigen zu lassen. Gebucht werden kann in wenigen Schritten, ohne langwierigen Anfrageprozess. Wie kommt die Plattform bisher bei den Eventplanern und Hotelpartnern so an?

Felix Undeutsch: Alles in allem sind wir mit den letzten Monaten recht zufrieden.

Seit Ende Januar verzeichnen wir eine steigende Akzeptanz: Immer mehr Veranstalter kommen auf die Plattform, täglich tragen sich neue Hotelpartner ein. Mittlerweile haben fast alle relevanten Ketten in Deutschland ihre Häuser ins Rennen geschickt oder zumindest einen Test gestartet. Die meisten für uns wichtigen Kennzahlen zeigen in die richtige Richtung, das betrifft z.B. die Wiederholungsrate, Conversionrate, durchschnittliche Warenkörbe oder auch Stornoquoten.

Ein gutes Gefühl, auch wenn ich zugeben muss, dass ich am Anfang dachte, dass sich der Markt mit dieser neuen Technologie schneller anfreundet. Es braucht einfach, um die enormen Prozessvorteile durch Echtzeitpreise und Verfügbarkeiten zu erklären und zu verstehen. Auch bei uns war das ein Lernprozess.

MICE Club: Können Sie diese Prozessvorteile und Einsparungen genauer erklären und vielleicht beziffern? Hier kursieren im Markt unterschiedlichste Meinungen. Einige Ihrer Mitbewerber zweifeln öffentlich an, dass dies so alles funktioniert.

Felix Undeutsch: Für die Hotelseite kann man das recht einfach beziffern, ja.

Pro herkömmlicher MICE-Anfrage, welche ein Hotel heute via E-Mail oder Telefon erreicht, investiert es insgesamt zwischen 30 und 60 Minuten. Das geht mit der Vorqualifizierung der Anfrage los, geht über die Aufnahme der Anforderungen, Angebotserstellung und Versand, Nachhaken, Anpassung des Angebotes und erneutes Versenden usw.

Da die Planer zig verschiedene Hotels anfragen, resultieren pro Hotel nur 5% - 10% dieser herkömmlichen, unstrukturieren Anfragen am Ende in Buchungen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Hotel im Schnitt pro Buchung zwischen 5 bis 10 Stunden investiert. Natürlich abhängig vom Kanal, der Wettbewerbssituation usw. Wenn man nun weiß, dass bis zu 70% aller Meetings in Deutschland nur max. 30 Personen haben, also einen Warenkorb irgendwo zwischen 1.000 und 2.000 Euro, muss man kein Rechenmeister sein, um zu erkennen, dass das ineffizient ist.

Durch Live-Preise und Live-Verfügbarkeiten hat der Planer in wenigen Sekunden eine Aussage zu seinem Meeting. Und das für 30, 40 Häuser parallel auf Knopfdruck. Der einzelne Hotelmitarbeiter verschwendet also keine Zeit mehr mit der Angebotserstellung und Nachbearbeitung, sondern erhält nur noch bestätigtes Geschäft. Dies muss er einfach in sein Kundensystem übertragen, eine Rechnung erstellen und fertig. Das sollte nicht länger als 15 bis 30 Minuten pro Buchung dauern.

Die Direktbuchung ist also um Faktor 10 schneller als der herkömmliche, unstrukturierte Anfrageprozess via E-Mail und Telefon. Die Einsparung hilft der ganzen Branche: Agenturen, Planern und Hotels.

MICE Club: Ihre RFP-Wettbewerber werfen Ihnen zudem vor, dass es sich gar nicht um eine Echzeitbuchung handelt, da kein Datenaustausch zwischen den Systemen stattfindet und Sie keine Kundendaten zurück in das Hotel-PMS spielen. Was meinen Sie dazu?

Felix Undeutsch: Hotels, welche bei MeetingMarket gelistet sind, müssen Verfügbarkeiten und Preise nicht händisch pflegen. Dies geschieht vollautomatisiert aus dem PMS eines Hotels, wenn dies vom Hotel gewünscht wird. Kunden haben also auf Knopfdruck eine Aussage über Preise und Verfügbarkeiten, hier liegen 90% des Prozessvorteils gegenüber herkömmlichen Anfragen (RFP). Bucht der Kunde ein Hotel, muss dies vom Hotel nicht manuell bestätigt werden, der Kunde erhält die Bestätigung innerhalb von wenigen Minuten voll automatisch. Das Hotel wiederum überträgt die bestätigte Buchung in sein eigenes Kundensystem, das ist korrekt. Technisch wäre das Rückspielen der Kundendaten ins Hotelsystem zwar automatisiert machbar, im Individualbereich tun wir dies auch mit unzähligen Systemen, im MICE- und Gruppenbereich wird dies jedoch von der Mehrheit der Hotels aktuell ausdrücklich abgelehnt. Hotels möchten bei so hohen Buchungsvolumina verständlicherweise ihre für sie sehr wichtige PMS-Hoheit behalten.

Bezogen auf Meeting Market haben wir in den letzten sechs Monaten (Oktober 2015 bis März 2016) insgesamt 1.133 Änderungs- und Funktionswünsche seitens unserer Kunden und Hotelpartner erhalten. Kein einziger dieser Wünsche hat sich auf das Zurückspielen von Gruppendaten in das hoteleigene PMS bezogen.

Was der Wettbewerb sagt, interessiert mich nicht. Wir entwickeln nur die Funktionen, welche von unseren Hotelpartnern und Kunden ausdrücklich verlangt werden.

MICE Club: Denken Sie, dass mit dieser neuen Technologie der manuelle Anfrageprozess (RFP) ausstirbt?

Felix Undeutsch: Nein, sicher nicht. Live-Preise und -Verfügbarkeiten sind sehr akkurat bei kleineren Standardveranstaltungen mit 30 – 40 Leuten. Dieses Veranstaltungssegment macht in Deutschland zwischen 60% bis 70% des Marktes aus. Ein manueller Anfrageprozess ist hier für alle Beteiligten, sowohl für Hotelpartner als auch für Planer, ökonomisch nicht wirklich sinnvoll.

Bei den restlichen 30%, also den hochkomplexen Veranstaltungen, wird der manuelle Anfrageprozess (RFP) nach wie vor der präferierte Weg sein. Und das zu Recht! Denn ein Hotel will ja gerade bei diesen großen und komplexen Veranstaltungen Zeit und Liebe investieren. Die hier generierten Umsätze pro Veranstaltung sind extrem hoch, dies rechtfertigt einen höheren Zeit- und Beratungsaufwand.

MICE Club: Welche Einwände hören Sie am häufigsten zum Thema Live-Preise und Live-Verfügbarkeiten? Was sind die Bedenken seitens der Hotellerie und seitens der Planer?

Felix Undeutsch: Ich denke, man kann hier generell in zwei Fraktionen unterteilen.

Fraktion eins versteht auf Anhieb, dass die Prozessvorteile nicht durch die Direktbuchung selber kommen, sondern durch die Echtzeitdarstellung von Preisen und Verfügbarkeiten. Den Leuten ist klar, dass sie einen wahnsinnigen Informations- und damit Zeitvorsprung haben. Einwände gibt es hier eigentlich nur zu operativen Details, jedoch Nichts was technisch nicht lösbar wäre.

Fraktion zwei kommt meist mit dem Killerargument, dass niemand sofort buchen möchte, da Entscheidungs- und Freigabeprozesse viel zu lang dauern oder große Unternehmen ehe nur Vertragsraten buchen würden. Diese Fraktion beschränkt das Thema leider nur auf‘s reine „Buchen“ und vernachlässigt die Komponenten Echtzeitpreise und Echtzeitverfügbarkeiten.

Mittlerweile treffe ich zu 75% auf Vertreter der ersten Fraktion, was uns darin bestärkt mit Vollgas an der Technologie weiter zu arbeiten.

MICE Club: Vollgas ist ein gutes Stichwort. Sie haben ja ein ordentliches Tempo drauf. Ständig werden neue Features veröffentlicht. Wie läuft das bei Expedia MeetingMarket ab?

Felix Undeutsch: Bei der Entwicklung von MeetingMarket setzen wir sogenannte „Extrem Programming“-Methoden ein. Ein Unterbereich der agilen Softwareentwicklung.

Wir entwickeln dabei nur Dinge, welche von Planern oder Hotelpartnern jetzt, sofort benötigt werden und sofort nützlich sind. Kommunikation mit Partnern ist absolut essenziell. Wir verfolgen keinen langfristigen Produktplan, sondern veröffentlichen neue Funktionen im wöchentlichen Rhythmus basierend auf Input unserer Kunden und Hotelpartner. Die Erfahrungen der einen Woche beeinflussen dabei die Tätigkeiten der nächsten Woche und so weiter. Prioritäten ändern sich ständig. Dies gibt unseren Hotel- und Agenturpartnern die Möglichkeit aktiv mitzugestalten und das Produkt zu beeinflussen.

Zudem haben wir eine extrem flache Teamstruktur. Jeder im Team kann Hypothesen formulieren, welche wir auf der Seite testen. War der Test positiv, wird das Feature weiterentwickelt. War der Test negativ, ist das auch super, denn so wissen wir, was nicht funktioniert.

Fast alle Features auf der Website werden durch Hotel- oder Agenturpartner initiert, wir sind am Ende nur das ausführende Organ.

MICE Club: Können Sie für diese Art der Produktentwicklung ein Beispiel geben?

Felix Undeutsch: Ja, klar. Einer unserer Agenturpartner hat uns gesagt, dass er die Live-Preise und -Verfügbarkeiten klasse findet, jedoch Ergebnisse an seinen Kunden senden möchte, damit der Kunde am Ende nur noch bestätigen muss.

So ist unsere „Favoriten-Funktion“ entstanden, die es Veranstaltungsplanern und Agenturen ermöglicht, bis zu fünf konfigurierte Angebote zu speichern und direkt per E-Mail an einen Kunden zur Buchung oder Vorgesetzten zur Freigabe zu senden. Ändert sich die Verfügbarkeit oder der Preis der versendeten Angebote, wird der Kunde über die Änderung informiert.

Das Thema wurde ganz oben auf unsere Liste gesetzt und in wenigen Wochen mit einer ersten Version umgesetzt. Seitdem wurde die Funktion ständig weiterentwickelt und verbessert.

MICE Club: Inzwischen bietet MeetingMarket sogar die Integration der Buchungssoftware für Drittanbieter an. Auf der ITB im März kündigten Sie eine neue Kooperation mit dem MICE-Spezialist meetago an, welcher Ihre neue Instant-Book-Lösung künftig in seine Systemwelt integriert.

Felix Undeutsch: Das ist richtig. meetago ist einer der führenden MICE-Spezialisten für strategischen Einkauf. Durch die Kooperation kann meetago seinen bereits etablierten RFP-Prozess um den Bereich Live-Preise und -Verfügbarkeiten erweitern. meetago verbindet so das beste aus beiden Welten. Auf der einen Seite bietet meetago einen Prozess für langfristige, komplexe Veranstaltungen. Auf der anderen Seite können auch kleine, kurzfristige Meetings rasend schnell bedient werden.

MICE Club: Warum verteilen Sie Ihre Software so großzügig an offensichtliche Mitbewerber wie meetago?

Felix Undeutsch: Wir begreifen uns als Technologiepartner, nicht als Agentur oder Buchungsmaschine. Unsere Technologie soll ein Problem im Markt lösen, sowohl für Hotels, als auch für Agenturen sowie für andere Portale. Nur wenn wir ein Problem lösen, können wir langfristig wirtschaftlich erfolgreich sein.

MICE Club: Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Das Gespräch mit Felix Undeutsch führte Dominik Deubner.


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Bildquelle: Expedia

Autor: Dominik Deubner

Veröffentlicht am: 19.05.2016


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