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EventTech

Videokonferenz oder Gruppenkuscheln?

Unter dem Motto „Creating Digital Ideas“ nimmt der Trend Talk „Meet the Beef“ seine Teilnehmer mit auf eine Reise in die Zukunft der Live-Kommunikation − und bleibt doch selbst im Meetingdesign vergangener Zeiten stecken.

„Unglaublich, wie schnell sich dieser Markt entwickelt“, staunt Mario Holzhauer. Der MICE-Manager eines Shell-Tochterunternehmens war sicherlich nicht der Einzige unter den 70 Teilnehmern, dem dieser Gedanke kam. Einen Gesellschaftstrend nach dem nächsten zählten die Referenten des Trend Talks auf und passend zu jeder Entwicklung zaubern Technologieanbieter immer neue digitale „Lösungen“ aus dem Hut. Effizienter, schneller, einfacher soll sie werden, die Veranstaltungsorganisation. Und immer zielgerichteter und persönlicher die Unternehmenskommunikation.

Doch Meetingplaner und Kommunikationsexperten, so scheint es, wissen schon lange nicht mehr, wo ihnen der Kopf steht: Welche Entwicklungen prägen meine Branche eigentlich am stärksten? Muss ich alle Trends mitmachen, um nicht den Anschluss zu verlieren? Wie kann ich die vorhandenen Potenziale gewinnbringend nutzen? − Genau hier wollte der diesjährige Trend Talk ansetzen: Mit einer Bestandsaufnahme auf der einen und einem Ausblick in die Zukunft der Live-Kommunikation auf der anderen Seite, sollten Inspiration und Information vermittelt und das Trendbewusstsein der Teilnehmer gefördert werden.

Ob das gelungen ist? Nun, die Voraussetzungen waren zumindest ideal. Da sei zunächst die sehr gelungene Auswahl an Referenten und Themen zu nennen. „Einen Senior Vice President von Axel Springer oder Referenten von Google und Microsoft zu einem solchen Kongress zu bekommen, macht uns schon stolz“, sagt Veranstalter Andreas Grunszky. Zu Recht, wie auch das Feedback der Teilnehmer zeigt. Jürgen Mayer etwa, CEO der plazz entertainment AG, erlebte das Format als „interessant und hochinnovativ mit guten Sprechern, welche sich thematisch gut ergänzten.“

Besonderen Anklang fand die Präsentation von Christoph Keese, Axel Springer SE. Er berichtete von seinen Erfahrungen und Entdeckungen, die er während eines halbjährigen Aufenthalts als „Visiting Fellow“ im Silicon Valley sammelte. Im Gepäck hatte er zahlreiche Namen von hierzulande unbekannten oder für Unternehmenszwecke bislang weitgehend ungenutzten digitalen Tools. „Ein sensationeller Bericht, der mit vielen Beispielen, Filmen und starker Präsenz von ihm das Highlight des Tages gewesen ist“, resümiert Mario Holzhauer. Auch einige andere Referenten wie Trendforscher Monty Metzger, CEO der Ahead of Time GmbH, oder Andreas Grunszky selbst vermochten einen differenzierten Ausblick in die Live-Kommunikation von Morgen zu geben, während an anderer Stelle bisweilen übliche Gemeinplätze („Passen Sie Ihre Strategie an Ihre Zielgruppe an.“) bedient wurden.

Ebenso wie die Auswahl der Referenten wirkte auch das Setting zunächst äußerst gelungen. Eine kleine Teilnehmergruppe in sehr angenehmer und intimer Atmosphäre − das ließ auf einen interaktiven Trend Talk mit viel Raum für anregende Diskussionen hoffen. Schade, dass es am Ende dann doch nur zur klassischen Frontalbespielung reichte, die auch durch das Q&A-Tool der genutzten Event-App kaum aufgelockert werden konnte. Schade auch, dass den Referenten zu wenig Zeit eingeräumt wurde, so dass es in der Konsequenz häufig bei einer hektischen Aufzählung möglichst vieler Trends und technologischer Neuerungen blieb und eine tiefgründige Auseinandersetzung mit einem Schwerpunktthema kaum möglich war. Schade die Dritte: Auch die geplante Diskussionsrunde zum Programmausklang fiel aufgrund von Zeitmangel und bereits abgereister Experten leider aus. Kurzum, ein höchst beeindruckendes Referentenfeld, spannende Themen, jedoch auch ein allzu straffes Vortragsprogramm und somit (zu) viel Input in kürzester Zeit − weniger ist manchmal doch mehr.

Bildquelle: BEEFTEA Group

Für den nächsten Trend Talk kündigte Veranstalter Andreas Grunszky bereits an, die Kerninhalte „Trends, Innovationen und Inspirationen" beizubehalten, jedoch ein komplett neues Setting zu wählen, das weg von einer frontalen Bespielung und hin zu mehr Involvement der Teilnehmer geht. Man darf gespannt sein! Was den diesjährigen Referenten bereits ohne Zweifel gelang, ist den Teilnehmern das enorme Spektrum und die unglaubliche Geschwindigkeit der Entwicklungen rund um die digitale Kommunikation vor Augen zu führen. Wer Schritt halten will, dem sei der allseits empfohlene Blick über den Tellerrand, aber auch eine regelmäßige Standortbestimmung nahegelegt. Beides bot der Trend Talk, weshalb wir an dieser Stelle gerne eine Auswahl der inhaltlichen Erkenntnisse wiedergeben möchten:

  • Keine Eventplanung ohne digitale Tools: Sämtliche Phasen der Eventorganisation können zukünftig digital unterstützt werden. So öffnen beispielsweise Crowdfunding-Plattformen wie Startnext oder CrowdShed neue Möglichkeiten der Finanzierung. Crowdsourcing hingegen kann Eventplanern bei der Suche nach wirklich relevanten Themen, interessanten Referenten oder dem passenden Veranstaltungsdatum helfen. „Social Planning“ wird das Ganze genannt: Mithilfe von digitalen Tools wie SXSW Panel Picker, Tymefly oder Meethub wird der Teilnehmer zukünftig schon deutlich früher in die Eventkonzeption eingebunden und hat erhebliche Mitbestimmungsmöglichkeiten. Auch der Check-In-Prozess oder Gästelisten können bereits heute online verwaltet werden − zkipster, GuestSort oder Boomset sind einige der ersten Anbieter auf dem Markt. Nicht zuletzt kann selbst die Planung der Sitzordnung in die kompetenten Hände digitaler Anbieter gegeben werden. „Simple solutions for your complex problems” verspricht zum Beispiel die Software Social Tables.

  • Mobil vs. Desktop: Die Bedeutung mobiler Endgeräte wächst rasant und schon bald werden sie hierzulande der Desktopnutzung den Rang ablaufen. In den USA, die in ihrer technologischen Entwicklung Deutschland im Schnitt drei Jahre voraus sind, ist dies bereits heute der Fall. „Das bedeutet für uns, dass wir unsere Online-Konzeptionen noch stärker auf die mobile Nutzung des Internets fokussieren müssen“, schlussfolgert Andreas Grunszky.

  • Sharing is Caring: „Sharing Economy“ wird als einer der großen Trends angesehen und beeinflusst nicht nur das private Leben und die Arbeitswelt, sondern zunehmend auch die Veranstaltungsbranche. Die Idee: Durch Tauschen, gemeinschaftliches Nutzen oder kollektives Kaufen sollen möglichst viele Personen Zugang zu Produkten, Dienstleistungen oder Wissen erlangen. Für Eventplaner wird insbesondere das Thema „Live-Sharing“ an Bedeutung gewinnen. Während die Außenwelt eine Veranstaltung bereits heute per Twitter und Co. − mehr oder weniger passiv − miterleben kann, rückt nun endlich auch die aktive Interaktion zwischen Referenten und Teilnehmern in den Fokus der Veranstaltungsbranche. Hierzu wurden im Rahmen des Trend Talks einige Tools aufgezählt, die mehr Involvement der Teilnehmer versprechen wie z.B. Sopreso, sli.do, Slideklowd oder Sharypic.

  • Big Data = Big Challenge: „Keiner von uns in der Medienbranche hat die Chancen von Big Data bisher erkannt“, sagt Christoph Keese und spielt damit auf die allgemeine Ratlosigkeit an, die mit dem richtigen Umgang der zur Verfügung stehenden Datenmengen einhergeht. Andreas Grunszky stellt sich mit seinem Unternehmen Beeftea bereits der Herausforderung eines auf Big Data basierenden, intelligenten Vertriebsmarketings und ermunterte die Teilnehmer in seinem Vortrag dazu, sich vom reinen „Datensammlungsmarketing" zu lösen. Dazu gehört laut Grunszky, nicht nur die Vermehrung von Fans auf Social Media-Kanälen im Fokus zu haben − eine Steigerung des Marketing Impacts und somit Vertriebserfolgs sei nur mit Hilfe einer konsequenteren Analyse und Auswertung sowie eines zielgerichteten Profilings und Targetings der User-Daten möglich.

  • Trend-Watching und Selektion sind Trumpf: Wenn der Trend Talk etwas verdeutlicht hat, dann dass die digitale Zukunft enorme Potenziale bereithält, um z.B. Zielgruppen genauer einzukreisen, Kunden positiv zu überraschen oder Arbeitsabläufe zu vereinfachen. Und, dass es nichts gibt, was es nicht gibt oder zumindest geben wird. Von oben genannten Eventplanungshilfen bis hin zu Drohnen, die Wassergläser anreichen oder Oculus Virtual Reality Goggles, die Sie in virtuelle Welten eintauchen lassen − welche Tools am Ende sinnvoll sind (da relevant und nutzenstiftend), entscheiden Sie selbst. Um jedoch eben diese Entscheidung treffen zu können, ist eine kontinuierliche Beobachtung und Beurteilung der aktuellen und kommenden Entwicklungen notwendig. Es gilt, Trends frühzeitig zu erkennen und gewinnbringend zu nutzen. Eine Erkenntnis, die scheinbar viele Unternehmen noch nicht erreicht hat: Einer von Monty Metzger regelmäßig durchgeführten Umfrage zufolge geben zwar 97 Prozent der Befragten an, dass Trends für ihr Geschäft wichtig sind. Immerhin 45 Prozent sehen sich selbst als Trendsetter, doch nur zwei Prozent behaupten, dass ihr Unternehmen tatsächlich Trends fördert.

  • Digitalisierung bringt uns näher: Durch die Entwicklung immer neuer Technologien drängt sich zwangsläufig die Frage auf: Wird die Live-Kommunikation nicht irgendwann obsolet, wenn uns die virtuelle Welt alle Möglichkeiten des Informationsaustauschs zur Verfügung stellt − und das häufig sogar kostensparender und effizienter? Nein, lautet der allgemeine Tenor der „Meet the Beef“-Experten. „Keiner hat Bock auf Videokonferenzen − wir wollen kuscheln, uns umarmen und knuddeln“, meint Christoph Keese und bringt es damit auf den Punkt. Denn je virtueller die Welt wird, desto wichtiger wird zum Ausgleich auch der persönliche − oder wenn Sie es so wollen, der „reale“ − Austausch. Dass eine zunehmende Verflechtung von Online und Offline nicht aufzuhalten ist, steht außer Frage. Beide Dimensionen jedoch sinnvoll miteinander zu verknüpfen, das wird auch zukünftig die Herausforderung sein. Fürs Erste aber bleibt die positive Botschaft: Live-Kommunikation ist nicht tot.

Wohin die Reise der digitalen Kommunikation nun genau geht, kann natürlich auch ein eintägiger Trend Talk nicht beantworten. Dennoch lieferte er viele wertvolle Informationen, machte die Bedeutung einer kontinuierlichen Trendbeobachtung deutlich und gab kreative Denkanstöße für eine sinnvolle(re) Verknüpfung von On- und Offline-Kommunikation. Weiter so!

Der MICE Club nimmt die Erkenntnisse des Trend Talks gerne zum Anlass, um eine neue Themenreihe zu starten: In den kommenden Monaten werden wir in mehreren Artikeln einzelne Trends der digitalen Kommunikation herausgreifen und eingehender beleuchten. Ganz im Sinne des zunehmenden Wunsches nach Mitbestimmung und Interaktion möchten wir Ihnen die Möglichkeit geben, sich aktiv einzubringen: Schreiben Sie uns einfach an info@mice-club.com, welche digitalen Trends Sie besonders interessieren und worüber Sie gerne mehr lesen möchten. Wir freuen uns auf Ihre Meinung!


Quelle großes Bild: MICE Club
Quelle kleines Bild: BEEFTEA Group


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Autor: Romy Fischer

Veröffentlicht am: 04.02.2014


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