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Meinung

Vertrauen – die Basis jeder (Geschäfts-)Beziehung

Jeder spricht davon, wie wichtig Vertrauen ist und im Sprachgebrauch ist das auch so. Da ist die Rede von Vertrauen in Politik, Wirtschaft, Partner, Marken, Kollegen. Gerne kommt das Wort daher im Bunde mit Loyalität und Treue – all die positiv behafteten Adjektive, die so gerne im Kontext mit Erfolg und Ruhm genannt werden.

Im realen Alltag ist davon nur wenig zu spüren. Da ist echtes Vertrauen, einer der wichtigsten Grundsteine menschlicher Beziehungen, einem ewigen Argwohn und Misstrauen gewichen. Da wird es plötzlich positiv interpretiert, dass ein Unternehmen eine Compliance-Policy oder ein Anti-Korruptions-Management implementiert hat – das Misstrauen hat über das Vertrauen gesiegt. Im letzten Jahrzehnt scheint es wirklich so machtvoll geworden zu sein, dass es den Alltag beherrscht – und das quer durch alle gesellschaftlichen Gefüge und Unternehmenshierarchien. Der Sachbearbeiter darf eine Powerbank mit Werbeaufdruck und Warenwert von unter zehn Euro zu Weihnachten nicht nur nicht annehmen, er muss den Bestechungsversuch umgehend melden. Dabei war der Geschäftspartner nur daran interessiert, dass die Kommunikation reibungslos läuft und nicht an einem leeren Akku scheitert.

Eine Regierung in Deutschland ist fast ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl längst nicht in trockenen Tüchern. „Da hat einer gequatscht!“ Via Twitter, Instagram und Facebook öffentlich gemacht, was nicht spruchreif war! Vertrauensbruch, Vertrauensverlust, keine Vertrauensbasis konkurrieren mit Imagekampagnen, vertrauensbildenden Maßnahmen, Aufbau eines Markenvertrauens oder auch Teambuildings – und spätestens da, liebe Kollegen, kommen wir ins Spiel.

Immer öfter höre ich, dass es Ziel eines Events sei, Vertrauen herzustellen. Am Anfang war ich begeistert. Langfristig, nachhaltig, werteorientiert: mal kein Ziel zur Steigerung des Umsatzes oder dem ewigen Ringen und Kunden und Märkte. Doch leider zu kurz gedacht: Beim zweiten Gespräch in Sachen Ist-Situation und Zielsetzung saß ich vor meinem leeren Notizblatt, das sich zwar zunehmend mit meinen Fragen, aber nicht mit Antworten füllte. Jedes intensivere Nachfragen meinerseits wurde abgeblockt, Interna eben. Ich möge doch Verständnis haben, dass man da Externen gegenüber nicht so viel Einblicke gewähren kann. Ich hatte Verständnis, das Event zur Vernetzung der Vertriebsabteilungen eines Fusionsunternehmens zu einer neuen Einheit fand zwei Tage in recht gelöster Atmosphäre statt und der Erfolg endete, als der Bus auf dem Firmenparkplatz die Türen öffnete und jeder Teilnehmer wieder in sein Auto, seine Welt, seine Komfortzone und seine eigenen Ängste einstieg.

Somit kam wenige Wochen später das selbe Thema erneut als Anfrage und ich wisse ja, worum es gehe und solle mal machen. Im Anhang 36 Seiten Evaluationsbögen der letzten Veranstaltung, so konzipiert, dass ein echtes anonymes Feedback gar nicht möglich war.

Liebe Auftraggeber, macht uns und Euch doch das Leben nicht so schwer und handelt doch auch einmal „im Vertrauen“. Nur wenn ich in Problemstellungen eintauchen darf, kann ich eine echte Bedarfsanalyse machen und des Pudels Kern finden. Nach langen intensiven Gesprächen, die ich regelrecht erzwingen musste, auch mal beim Essen. Jeder auf eigene Rechnung selbstverständlich, wegen der Bestechlichkeit. Endlich drangen wir zu tiefsitzenden Ängsten und Problemen vor. Als Dankeschön für das Vertrauen, endlich Einblicke zu bekommen, musste ich dann leider sagen, dass hier ein Wochenendevent überhaupt kein Lösungsansatz ist, dass psychologisch geschulte Menschen aus dem Bereich Konfliktprävention und Mediation ranmüssen, um die verhärteten Positionen zu entzerren.

Immerhin, denn auf die Idee kam noch niemand. Aber das ist nur möglich, wenn man Externen dann doch vertrauensvoll Einblick gewährt, denn Interne sind eben oft betriebsblind und sehen den Baum vor lauter Wald nicht. Aber auch das ist Nährboden für ein gutes Vertrauensverhältnis, abzugeben, wenn man mit dem eigenen Leistungsspektrum keine Lösung bieten kann. Inzwischen habe ich das geändert und auch hier Kompetenzen im Netzwerk, die übernehmen können. Das ist aber bei allem Wissen um die Zusammenhänge ein äußerst seltenes Ergebnis. In der Regel wird geblockt, Vertrauen baut sich gar nicht erst auf und selbst bei weniger komplizierten Events habe ich oft das Problem, Vertrauen als hohen immateriellen Wert nicht in die Waagschale werfen zu können.

Pitches wären so gar nicht nötig, wenn man als Kunde der „Agentur seines Vertrauens“ einfach mal so einen Auftrag erteilen könnte. Ich könnte wie früher auch meine Partner frei wählen, die dann bei der Zusammenarbeit schnurren wie ein Uhrwerk und dann bewährt sich so oft der leicht höhere Preis, wenn man nicht alles erneut erklären und klären muss, wenn das gleiche Vokabular die gleichen Sachverhalte benennt und am Ende die Zeitersparnis das ursprünglich teurere Angebot sogar noch attraktiver macht. Wer Autos konstruiert will doch auch nicht jedes Mal das Rad neu erfinden.

Wir müssen endlich mal aus der Misstrauens- und Überwachungsschleife raus, hin zum Geben und Nehmen auf einer Vertrauensbasis. Übrigens: „Trau Dich“ kommt von Vertrauen!

Natürlich gibt es die Schwarzen Schafe, die nicht nur eine Powerbank, sondern gerne einen zweiwöchigen Familienurlaub nehmen – und das ist dann keine Gefälligkeit mehr, sondern in der Tat Korruption. Wir selbst sind allenthalben eingeladen zu Fam-Trips, Events und kostenlosen Messen, aber ich nutze es nur, wenn ich tatsächlich erwarte, dass es meinen Kenntnissen, Kontakten und Geschäften zuträglich ist und ich somit geschäftlich profitiere. Es ist aber auch die Gelegenheit mal eine Destination kennenzulernen und dann nicht mit dem einladenden Partner zusammenzuarbeiten, weil man bei diesen Trips durchaus auch Mängel erkennen kann oder das tolle Hotel einfach nicht im Budget des Kunden liegt.

Ich finde es sehr kritisch, alle und jeden unter Generalverdacht zu stellen und damit Beziehungen zu vergiften. Unsere Sehnsucht nach vertrauensvollen Beziehungen ist enorm. Auch ohne Konventionen wird heute unter jungen Erwachsenen geheiratet, was das Zeug hält. Familie, Freunde, vertraute Umgebung sind Felsen in der Brandung. FairTrade, Fairness im Business sind wichtig, Vertrauen in Labels und Marken ein Grundpfeiler von Wirtschaftsethik.

Wir lernen aber leider auch, dass Vertrauen nahezu unverschämt missbraucht werden darf, bevor echte Konsequenzen folgen. Das Dieselgate, selbst beauftragte Affen- und sogar Menschenversuche mit Dieselabgasen, scheinen die Markentreue mancher Menschen kaum zu erschüttern. Da wird das neueste Modell eben als Benziner bestellt mit dem Argument zur Gewissensberuhigung: „Die anderen Autohersteller sind auch nicht besser.“ Wenn das alles egal ist, wandere ich aus in eine hübsche Bananenrepublik, genauso korrupt, aber wenigstens besseres Wetter.

Ich will mit all dem Misstrauen und Vertrauensmissbrauch nicht leben und arbeiten. Wir müssen einfach mal klarmachen, was wir wollen und dann bitte auch danach handeln!


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Autor: Gastautorin: Gabi Schares

Veröffentlicht am: 01.02.2018


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