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Hotels & Locations, Destinationen

Schwarze Zukunft für Schweizer Hotels?

Hin und Her beim Robinson Club Schweizerhof

Die Gründe für Unternehmenspleiten sind vielfältig. Oft sind sie selbstverursacht, zu hohem Konkurrenzdruck geschuldet oder auf den Konjunkturwandel innerhalb einer Branche zurückzuführen. Wenn aber eigentlich alles gut läuft, Zahlen und Perspektiven zu stimmen scheinen, und man seinen Betrieb dennoch dichtmachen muss, ist vermutlich das Gesamtgefüge gehörig ins Wanken geraten.

Wenn Aufwertung zum Niedergang führt

So scheint es derzeit in der Schweiz zuzugehen. Getroffen hat es jüngst den Robinson Club Schweizerhof im kleinen Örtchen Vulpera. In der Region Engadin gehört das Hotel mit 130 Zimmern und rund 55.000 Übernachtungen seit der Eröffnung Ende 2011 zu den großen Anbietern in der Region. Gerade mit seinen Eventwochen lockte der Schweizerhof zahlreiche Gäste aus der MICE-Branche an. Mountainbiken, Schneegolfen, Wandertouren sowie Wellness- und Gourmeterlebnisse standen dabei auf dem Programm.

Die Schließung seitens des Eigentümers TUI schien vor ein paar Tagen noch beschlossene Sache. Nun soll das Hotel übergangsweise von den Bergbahnen Motta Naluns weitergeführt werden, um zumindest die nächste Wintersaison zu sichern. Anderenfalls befürchten die Seilbahnbetreiber Umsatzeinbußen in Höhe von rund 750.000 Schweizer Franken. Der Besitzer der Immobilie, Hans Kortlevers von LMEY Investments, begrüßt diese Entwicklung.

Warum aber sollte das mondäne, ehemalige Jugendstilpalais nach der Sommersaison 2015 überhaupt seine Pforten schließen? Laut Angaben der Unternehmenseigner ist allein die Aufwertung des Schweizer Franken schuld. Die überraschende Maßnahme der Schweizerischen Nationalbank (SNB) zu Beginn des Jahres entkoppelte den Franken vom Euro, für den bis dahin ein Mindestumtauschsatz vorgesehen war. In der Folge gewann der Schweizer Franken gegenüber dem Euro erheblich an Wert. Das Resultat: Sämtliche in der Schweiz mit Euro bezahlten Dienstleistungen verteuerten sich erheblich.

Der Wechselkurs als Warnsignal

Das gesamte Schweizer Gastgewerbe, das auf Kunden aus dem Euroraum angewiesen ist, ächzt unter dem hohen Franken. Dass angeblich keine Alternativen zu einer Schließung bestehen, ist dennoch nur von wenigen Betrieben bekannt. Der Robinson Club Schweizerhof jedenfalls wäre der erste in dieser Größenordnung. Das Aus des Hotels würde weitreichende Folgen haben, betont Urs Wohler, Tourismusdirektor der Region. Denn es beträfe auch andere Betriebe wie Bergbahnen, Skischulen, Eventveranstalter und Zulieferer.

Tatsächlich sind viele Hoteliers und Gastronomen in der Schweiz von der unerwarteten Aufhebung des Euro-Mindestwechselkurses geschockt. Christoph Juen, CEO des Schweizer Hotelverbandes Hotelleriesuisse, sagt: „Die Stärkung des Franken bringt eine massive Verteuerung des Ferienlandes Schweiz mit sich und trifft uns im Kern.“ Gastro-Suisse-Präsident Casimir Platzer erwartet für den kommenden Winter noch einmal 15 bis 20 Prozent weniger Buchungen aus dem Euroraum als bislang. Im Sommer dürften die bereits im letzten Jahr getätigten Buchungen jedoch noch einen Teil des zu erwartenden Umsatzrückgangs auffangen.

Der Inlandsmarkt rückt wieder in den Fokus

Die gesamte Tourismus- und MICE-Branche in der Schweiz befindet sich derzeit in heller Aufregung. So hat die Tourismuskammer des Wallis einen 20-Punkte-Aktionsplan aufgestellt und die Einführung eines Tourismusfonds gefordert, um den Auf- und Ausbau der touristischen Infrastruktur sozusagen zu subventionieren. Währenddessen versuchen viele Anbieter, ihre Marketingstrategien verstärkt auf Nicht-Euroländer und den inländischen Fremdenverkehr anzupassen.

Jürgen Schmid, Direktor von Schweiz Tourismus, geht auf die aktuelle Problematik ein: „Die Sicherung des Heimmarktes Schweiz hat höchste strategische Bedeutung.“ Unabhängig vom Wechselkurs sei es für die große Mehrheit der Hotels und Tourismusbetriebe ohnehin nicht mehr möglich, noch günstiger zu werden. Bei sehr geringen Margen arbeite man bereits in der Low- bis Non-Profit-Branche.

Nun war die Schweiz schon immer ein hochpreisiges Reiseziel, was natürlich auch für die MICE-Branche gilt. Preislich hat man der „alpinen Konkurrenz“ vor allem in Österreich eher wenig entgegenzusetzen. Die Tendenz der Veranstaltungsplaner, mit Teambuildingmaßnahmen und Incentivereisen verstärkt nach Bayern, Frankreich oder Italien auszuweichen, scheint nach dem aktuellen Stand der Dinge unaufhaltsam.

Daher gibt es bereits erste Überlegungen, dass Schweizer Hotels künftig eigenmächtig auf eine Euro-Wechselkursanbindung setzen und ungeachtet des globalen Finanzmarktes ausländischen Gästen alle internen Leistungen zum Fixkurs von 1,20 Franken je Euro anbieten. Andere Hoteliers denken darüber nach, externe Leistung wie Skipässe, Seilbahntickets, Touren und Veranstaltungen in ihr Portfolio mit aufzunehmen, frei nach dem Motto „all inclusive“. Die Gewinnmarge dürfte dadurch natürlich nicht sonderlich steigen.

Wohin führt es die Schweizer Hotellerie?

Beim Robinson Club Schweizerhof jedenfalls wird ein „Spiel auf Zeit“ betrieben, von dem keiner weiß, wie es ausgeht. Erst in Zukunft wird sich zeigen, wie viele weitere, auch für die MICE-Branche relevante Beherbergungsbetriebe diesem Negativbeispiel folgen werden, oder ob die Schweiz es schafft, dem erstarkten Franken ein ebenso wiedererstarktes Angebot gegenüberzustellen.


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Bildquelle: Oliver Berg, tui.com

Autor: Frank Brehm

Veröffentlicht am: 02.07.2015


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