Schon heute von gestern?
Warum der Beacon-Boom bislang ausbleibt
Wir haben im Magazin vor längerer Zeit bereits über Beacons berichtet. Dahinter steht eine moderne Trackingtechnologie, die das genaue räumliche Erfassen einer Person bzw. ihres Smartphones oder Wearables auf kleinem Raum ermöglicht und diese dann mit individuellen Informationen versorgen kann. Die Beacons selbst sind dabei nichts weiter als winzige Bluetooth-Sender, die praktisch überall angebracht werden können und eine Reichweite von ca. 30 Metern besitzen. So gesehen ein billiges Stück Hardware, aber dahinter steckt natürlich mehr.
Zwei Beispiele: Sie haben sich als Messebesucher im Vorfeld per Smartphone-App den Besuch bestimmter Messestände vorgemerkt. Während Sie über die Messe schlendern, werden Sie im näheren Umfeld des Standes mittels Push-Nachricht alarmiert und gleichzeitig über besondere Messeaktionen des Ausstellers informiert. Oder folgende Situation: Sie haben auf einer Veranstaltung an einem Gewinnspiel teilgenommen und gehören zu den glücklichen Gewinnern. Per Beacon werden Sie direkt benachrichtigt und zur Entgegennahme Ihres Preises gelotst.
Keine Frage: Beacons können wichtige Hilfe leisten, indem sie für den Besucher als Wegweiser und Orientierungshilfe fungieren oder über Ausstellungsstücke und Produkte informieren. Sie können aber auch den Veranstaltern Hinweise auf Publikumsverkehr und etwaige Serviceengpässe liefern und so zur Eventoptimierung beitragen.
Viele Möglichkeiten, aber zahlreiche Hürden
Die Einsatzmöglichkeiten von Beacons sind also ausgesprochen vielfältig. Einen bzw. mehrere Haken hat die Sache aber dann doch:
- Wer auf seinem Smartphone Bluetooth nicht aktiviert hat, kann auch nicht benachrichtigt werden. Aktuellen Umfragen zufolge schalten bis zu zwei Drittel aller Handynutzer Bluetooth allein deswegen ab, um den Akku zu schonen.
- Es bedarf der Installation einer speziellen App, um die ausgesendeten Nachrichten empfangen zu können. Da man sich bereits vor vorinstallierten Apps heutzutage kaum mehr retten kann, schreckt das viele potenzielle Nutzer ab.
- Die ausdrückliche Zustimmung des Users und die Freigabe seiner digitalen ID (ähnlich wie bei anderen Apps) ist erforderlich, um in den Genuss einer räumlich eng beschränkten Anwendung zu kommen, die man danach womöglich nie wieder nutzen wird.
Hinzu kommt, dass Beacons zwar an sich nicht teuer sind, aber – wie so oft – ist es die Softwareentwicklung, die den Preis ausmacht. Alles muss von langer Hand geplant und eingerichtet werden, was sich in erster Linie für dauerhafte Venues rentiert und dementsprechend weniger für eine zweitätige Veranstaltung.
Das klassische Problem der digitalen Welt
Vor nicht mal zwei Jahren als Hype gefeiert, werden Beacons heutzutage zwar mit steigender Tendenz genutzt, aber längst nicht in dem Maße, wie sich das vor allem Apple für iPhone-User vorstellt. Besitzer von Android-Smartphones benötigen da schon etwas mehr Glück und die neueste Softwareversion, wenn das mit den lokalen Push-Nachrichten reibungslos funktionieren soll.
Über Bluetooth selbst muss man sich weniger Gedanken machen, da diese Technologie durch kompatible Geräte wie kabellose Boxen, Kopfhörer, Smartwatches oder Fitnessarmbänder immer mehr an Bedeutung gewinnt. Auch verbraucht die Datenübertragung über Funkwellen heute weniger Strom bei gleichzeitig leistungsfähigeren Akkus als noch vor ein paar Jahren.
Vielmehr gilt es, wie in vielen Bereichen digitaler Technologien, eine gemeinsame Plattform zu entwickeln und zu nutzen. Wer möchte schon eigens für jeden Kongressbesuch oder jede Hotelübernachtung eine separate App installieren, die dann auf dem verwendeten Smartphone nicht mal richtig funktioniert? Das sind leider die Erfahrungen aus der aktuellen Beacon-Welt. Fast fühlt man sich an Zeiten erinnert, in denen es darum ging, welches Videorekorderformat sich am Markt durchsetzt: Betamax, VHS oder Video 2000. Das Ergebnis ist bekannt und heute hat die Videokassette ohnehin längst ausgedient.
Aufgrund der genannten Nutzungseinschränkungen wartet man in der Event- und Marketingbranche quasi sehnsüchtig auf eine Art „Killer-Applikation“, die mit den Kinderkrankheiten der Beacons auf einen Schlag Schluss macht. Wie immer in der Branche ist es eine einfache Kosten-Nutzen-Rechnung: Was bringen mir Beacons, wenn sie nicht genutzt werden können oder sogar als lästig empfunden werden?
Noch so jung und schon ein Imageproblem
Tatsächlich geht es nicht nur um technische Probleme, sondern auch um Fragen der Akzeptanz. Denn es steht außer Frage, dass die meisten Beacons im Werbe- und Verkaufsumfeld zum Einsatz kommen. Klar, denn so mag sich die Investition in diese Zukunftstechnologie am ehesten bezahlt machen, im wahrsten Sinne des Wortes, versteht sich. „Kauf zwei zum Preis für einen“ mag es in der Lebensmittelabteilung heißen, „Jetzt rubbeln und gewinnen“ ein Stockwerk drüber oder „Nur heute vier Jahre Garantie“ in der Elektroniketage. Und immer alarmiert das Handy.
Auch der datenschutzrechtliche Aspekt ist nicht zu vernachlässigen. Die Freischaltung von Ortungsdiensten erlaubt detaillierte Bewegungs- und Nutzerprofile der User und die Erfassung von Kundendaten, etwa deren Einkäufe, bis hin zu persönlichen Interessen und Vorlieben mag für die Werbewelt eine willkommene Datenflut für zielgruppenspezifisches Marketing liefern, deren Auswertung und Nutzung einige rechtliche Hürden umschiffen müssen.
Hier müssen gerade Eventplaner und -veranstalter Aufklärungsarbeit leisten, um den ankommenden Gästen deutlich zu machen, dass ihre Beacons einen echten Mehrwert für sie bereithalten. Das wiederum erfordert aktive und nicht etwa automatisierte Kommunikation, um die es bei den Beacons ja eigentlich geht. Natürlich würde sich für ein Hotel vieles vereinfachen, wenn dem ankommenden Gast mit Betreten der Lobby automatisch ein Stadtplan und ein Restaurantführer per Link aufs Smartphone geschickt würde, aber er muss sich zu diesem Service eben erst einmal anmelden, eine App installieren und vom Servicepersonal darüber informiert werden.
Fazit
Die Möglichkeiten sind vielversprechend, aber der erste Beacon-Hype ist abgeklungen und damit auch vielerorts die Lust seitens der Eventplaner, in diese Zukunftstechnologie zu investieren. Das Gesamtsystem scheint noch zu unausgegoren. Zu viele Player verunsichern genauso wie hohe Investitionskosten, datenschutzrechtliche Fragestellungen sowie technische Bugs und skeptische Kunden. Zumindest als informativer Wegbegleiter in großen und permanent geöffneten Locations vom Hotelkomplex bis zum Museum leisten die kleinen Leuchtfeuer (engl. für Beacon) derzeit gute Dienste.
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