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Österreich: 12 Punkte – für den ESC als Green Event

Am Ende hat Wien doch gewonnen

Mit rund 200 Mio. Fernsehzuschauern, 1.700 Medienvertretern, Delegationen aus 39 Ländern und 100.000 Besuchern in der Wiener Stadthalle war der „Eurovision Song Contest“ (ESC) auch in diesem Jahr wieder das größte TV-Unterhaltungsevent der Welt. Zum ersten Mal in der 60-jährigen Geschichte des Wettbewerbs wurde dieser durchgängig nach anerkannten Umweltstandards organisiert und durchgeführt.

Der Österreichische Rundfunk (ORF) als Veranstalter setzte damit neue Maßstäbe und positioniert sich international als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit und „Public Value“. Der Lohn dafür ließ nicht lange auf sich warten. Am 26. Mai 2015 wurden im Rahmen der „Green Events Austria Gala 2015“ die Preise für nachhaltige Kultur- und Sportveranstaltungen vergeben. Der Sonderpreis der Jury ging stellvertretend an ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz für die Planung und Realisation des ESC in Wien als Green Event.

„Mit dem Eurovision Song Contest ist uns in Kooperation mit dem ORF eine Weltpremiere gelungen. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde der Song Contest als Green Event durchgeführt und erfüllte die Kriterien des österreichischen Umweltzeichens. Dieser ‚Green Song Contest‘ sollte national und international als Vorbild dienen", sagte Österreichs Umweltminister Andra Rupprechter im Rahmen der Preisverleihung.

Grüne Sache im knallbunten Gewand

Bei der ESC-Punktevergabe ging Österreich zwar leer aus, darf sich aber in Sachen Veranstaltungsplanung dennoch als Gewinner fühlen. Denn der ESC in Wien hat der Welt erstmalig gezeigt, dass auch die Unterhaltungsindustrie grün sein kann. Maßgebliche Unterstützung erhielt der ORF dabei von der Stadt Wien als Austragungsort, dem Umweltministerium als Befürworter und zahlreichen Green-Event-Partnern als Servicedienstleister. Nicht zu vergessen, dass neben dem Umweltaspekt auch Barrierefreiheit ein essenzieller Bestandteil der Eventplanung war.

Ganz nebenbei bedeutete der grüne ESC für die Alpenrepublik selbstverständlich positive Imagewerbung im Hinblick auf den Nachhaltigkeitsgedanken, den verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen und den Innovationscharakter des Landes. Man hat die Messlatte also bewusst hochgelegt für weitere Veranstaltungen dieser Art und hofft darauf, dass die Schweden im Jahr 2016 dem Beispiel Österreichs folgen werden. Insofern mag es für alle Nachhaltigkeitsbefürworter der MICE-Branche ein Segen sein, dass das aktuelle Siegerland dem neuen ökologischen Anspruch an den ESC finanziell wie organisatorisch gerecht werden können wird.

Österreich gibt den ökologischen Ton an

Maßgeblich für die Planung des ESC als Green Event waren die anerkannten Standards des österreichischen Umweltzeichens. Das diesjährige Motto des Gesangswettbewerbs – „Building Bridges“ – galt daher nicht nur für den länderübergreifenden kulturellen Austausch, sondern im übertragenen Sinne auch für den ökologischen Aspekt. Denn weitere Länder und Veranstalter sollen dem neu ins Leben gerufenen österreichischen „Brückenbau-Standard“ nacheifern. Das zumindest ist der Plan.

Das österreichische Umweltzeichen ist eine weltweit einzigartige Zertifizierung für umweltfreundliche Mobilität, höchstmögliche Energieeffizienz, modernes Abfallmanagement und Qualitätslebensmittel aus der Region.

Im Folgenden ein kurzer Überblick darüber, welche Maßnahmen im Rahmen des diesjährigen ESC erfolgreich in die Tat umgesetzt wurden:

  • Die Stromversorgung der insgesamt neun Events im Rahmen des Contests wurde von der Stadt Wien ausschließlich über erneuerbare Energiequellen sichergestellt. Auf Dieselaggregate wurde komplett verzichtet.
  • Die Showbeleuchtung – einschließlich der Strichmännchen-Illumination von Sieger Mans Zelmerlöw – erfolgte über energiesparende LEDs.
  • Das Catering für die internationale Gästeschar wurde zum Großteil aus regionalen Produkten und/oder Bio-Lebensmitteln zusammengestellt.
  • Die Eintrittskarten für die Shows dienten zugleich als Tickets für öffentliche Verkehrsmittel im Wiener Verkehrsverbund.
  • Die Wiener Stadthalle als Veranstaltungsort wurde komplett barrierefrei eingerichtet, d.h. frei zugänglich für Rollstuhlfahrer, Gehbehinderte und Familien mit Kinderwagen.
  • Für seh- und hörbehinderte Menschen hat man Untertitel, Gebärdensprache und künstlerisch geschulte Spezialdolmetscher eingesetzt.
  • Ein ausführlicher Nachhaltigkeitsbericht zum ESC in Wien soll Standards und Vorgaben für künftige Gastgeberländer aufzeigen sowie der MICE-Branche insgesamt als Hilfestellung dienen.

Hinzu kamen eine saubere Mülltrennung seitens der Altstoff Recycling Austria AG (ARA) und eine Wiederverwertung der eingesetzten Dekomaterialien, frei nach dem Motto „Planen zu Taschen“. Leitungs- statt Tafelwasser stand ebenso auf dem Programm wie der ausschließliche Einsatz von Mehrwegbechern bei der Getränkeversorgung.

Der globale Groove muss erst noch einsetzen

Wo, wenn nicht beim größten TV-Event der Welt, hat man eine derart große Zielgruppe vor sich? Besucher, Mitarbeiter, Teilnehmer, Delegationen, Partner und Sponsoren wurden daher eingeladen, den Green-Event-Gedanken zu verbreiten und in ihr eigenes Leben zu integrieren. „Mach dein Leben zum Green Event!“ lautet eine entsprechende Initiative des österreichischen Umweltministeriums, die dazu animieren will, auch als Fan der Popkultur den Gedanken der Nachhaltigkeit zu verinnerlichen und zu leben.

Bei allem Lob und Vorbildcharakter für die Veranstaltungsplanung seitens des ORF: Mit der Frage der Anreise der Besucher und deren Unterbringung konnte man sich nicht auch noch beschäftigen. So lässt sich im Nachhinein nicht feststellen, wie viele Gäste etwa einen klimafairen Flug gebucht und in einem Hotel mit Nachhaltigkeitszertifizierung abgestiegen sind. Noch weniger lässt sich sagen, welche der auftretenden Künstler inklusive des jeweiligen „Betreuerstabs“ sozusagen mit gutem Gewissen und grünem Beispiel vorangegangen sind.

Mit grünem Beispiel vorangehen

Man kann zwar nicht generell behaupten, dass das Nachhaltigkeitsbewusstsein in der Entertainmentbranche besonders schwach ausgeprägt sei – fest verankert scheint es aber auch nicht zu sein. Schließlich tut man ja nichts weiter, als sein Zielpublikum möglichst gut zu unterhalten. Wo sich aber Menschenmassen versammeln und eine große Show zelebriert wird, da wird eben auch massenhaft gefahren und geflogen, gegessen und getrunken, beleuchtet und klimatisiert, dekoriert und möbliert.

Vielleicht gerade deswegen stand für ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz von Anfang an fest, „dass wir alles daran setzen werden, den Song Contest in Wien als Green Event zu veranstalten – als einen Event, bei dem bedachtsam mit Ressourcen umgegangen wird, regionale und nachhaltige Produkte zum Einsatz kommen und bei dem Barrierefreiheit und Inklusion gelebt werden."

Auch wenn noch nicht alles wirklich „grün“ ist, was glänzt: Der Vorbildcharakter ist in keinem Business zu unterschätzen. Denn hieran müssen sich auch künftige Events dieser Größenordnung messen lassen.


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Bildquelle: Thomas Hanses / EBU

Autor: Frank Brehm

Veröffentlicht am: 03.06.2015


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