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Mobilität

Luftfahrtbundesamt hebt Codesharing-Verbindungen für Air Berlin und Etihad auf

Mehdorn sieht „Komplott der Lufthansa und des Frankfurter Airports gegen Berlin”

Der Deutsche Fluggast ist verunsichert. Zum einen streiken die Piloten der Lufthansa immer wieder, obwohl sie doch bereits zu den Top-Verdienern der Branche gehören. Zum anderen kommt der zweitgrößte Deutsche Carrier Air Berlin nicht zur Ruhe. Denn das „Nein" des Luftfahrt Bundesamtes (LBA) zu Codeshare-Verbindungen mit Etihad Airways setzt der wirtschaftlich unter Druck stehenden Air Berlin weiter zu.

Air Berlin verliert wichtiges strategisches Standbein

Codesharings sind für Fluggesellschaften so bedeutend, weil sie Basis für ein reibungsloses Interlining sind. So können zwei Fluggesellschaften beispielsweise Verbindungsflüge mit der jeweils anderen Partnerairline als eigene Flüge vermarkten, um damit in Reservierungssystemen einen gemeinsamen Preis für alle Segmente einer Verbindung ausgeben können. Für einen Flug von Berlin über Abu Dhabi nach Hongkong müssten ansonsten zwei Tickets ausgestellt werden.

Air Berlin verliert durch das Verbot ein strategisch wichtiges Standbein. Das Luftfahrt-Bundesamt hat 34 gemeinsame Flugverbindungen mit dem arabischen Partner Etihad untersagt, wie Air Berlin am Freitag mitteilte.

Für die zweitgrößte deutsche Airline sind die Codeshare-Flüge ein Weg zu mehr Wachstum vor allem auf Langstrecken. Im Gegenzug konnte Abu Dhabis nationaler Carrier Etihad seinen Kunden durch die Partnerschaft mehr Ziele in Europa anbieten.

Insgesamt haben die Codeshares momentan vor allem strategische Bedeutung. Der Großaktionär aus der Wüste hält Air Berlin über Wasser. Erst im Frühjahr hatten die Araber den Berlinern mit weiteren 300 Millionen Euro in Form einer Wandelanleihe unter die Arme gegriffen.

Für dieses Jahr erwartet die Airline mehr als eine halbe Million zusätzliche Fluggäste und mehr als 100 Millionen Euro zusätzlichen Umsatz durch das Codesharing mit Etihad. Mehr als 50 Millionen Euro Umsatz gingen durch das Verbot der 34 von insgesamt gut 60 Verbindungen verloren.

Das Luftfahrtbundesamt in Braunschweig bestätigte, dass Etihad einige Codesharingverbindungen nicht genehmigt wurden, die das Unternehmen für den Winterflugplan beantragt hatte. Der Fluggesellschaft seien außerdem noch andere Verkehrsrechte verweigert worden. Die Behörde nannte aber weder Details noch Gründe für ihre Entscheidung. Auch auf der Homepage des Amtes hält man sich bedeckt.

Air Berlin weist Untersagung auf das Schärfste zurück

Aage Dünhaupt, Senior Vice President Communications von Air Berlin, übermittelte dem MICE Club ein Statement zur aktuellen Situation:

„airberlin ist von Etihad (als Antragsteller) darüber informiert worden, dass 34 Codeshareverbindungen nur noch für den Winterflugplan genehmigt worden sind. Hierbei handelt es sich um Flüge, die von airberlin durchgeführt werden und auf denen Etihad mit einer Marketingflugnummer vertreten ist.

airberlin weist die Position des LBA, die seit 6 Flugplanperioden genehmigten Codeshares ab Sommerflugplan 2015 zu untersagen, auf das Schärfste zurück. Dies entspricht nicht unserer Rechtsposition und erschüttert das Vertrauen der Passagiere in die seit langem angebotenen Flugverbindungen.

Dieser Schritt gefährdet deutsche Arbeitsplätze, weiteres Wachstum wird außerhalb Deutschlands stattfinden und damit andere Hubs stärken. Auch für die deutschen Flughäfen bedeutet dies einen Verlust an attraktiven Verbindungen und weniger Wachstum.

Die Geschäftsleitung und das Board of Directors der airberlin arbeiten gegenwärtig mit Hochdruck auf allen politischen Ebenen mit regionalen Wirtschaftsvertretern sowie Interessensverbänden an einer langfristigen Lösung. Wir werden mit unserem Partner Etihad zusammenarbeiten und alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen nutzen, um sicherzustellen, dass diese Entscheidung so schnell wie möglich rückgängig gemacht wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass die erheblichen Vorteile dieser Codeshare-Strecken für die Verbraucher und den Wettbewerb in Deutschland erhalten bleiben“.

Air Berlin betreibt im Rahmen der Partnerschaft mit Etihad tägliche Flüge von Berlin und Düsseldorf nach Abu Dhabi sowie tägliche Verbindungen zwischen Abu Dhabi und Phuket in Thailand. Etihad Airways ist zudem Codeshare-Partner auf allen Air-Berlin-Flügen von und nach Abu Dhabi sowie von den Flughäfen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München zu zahlreichen Zielen in Europa und Nordamerika wie die Fluggesellschaft informiert. Darüber hinaus sind Flüge von Stuttgart und Hamburg in der Pipeline.

Mehdorn spricht von Komplott gegen Berlin

Laut „Tagesspiegel“ hat das Verbot des LBA zu einer Protestwelle von Gewerkschaften und Wirtschaft geführt. So sprach Flughafenchef Hartmut Mehdorn gegenüber dem Blatt von einem „Komplott der Lufthansa und des Frankfurter Flughafens gegen Berlin". Zahlreiche Mitarbeiter der Fluggesellschaft hätten indessen in Mails und Briefen an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ihre Sorge um eine mögliche Gefährdung ihrer Arbeitsplätze geäußert.

Er sei überrascht, „dass plötzlich alles falsch sein soll was über Jahre funktioniert hat", sagte der Flughafenchef. Das Verbot hätte „sehr starke Auswirkungen auf Air Berlin und den Flughafen Berlin“, betonte Mehdorn, selbst ehemaliger Chef von Air Berlin. In einem Brief habe er Minister Dobrindt auf die „großen Nachteile für den Standort Berlin“ hingewiesen. „Die Berliner haben wie alle Deutschen das Recht auf internationale Verbindungen.“

Muss auch Abu Dhabi als MICE-Destination bangen?

In der undurchsichtigen Gemengelage aus Genehmigungen, Slots und Partnerschaften zeichnet sich ein weiterer Verlierer ab. Abu Dhabi, Hauptstadt des gleichnamigen Emirates und Sitz von Etihad Airways, dümpelt als Hub und MICE-Destination schon lange im Windschatten von Dubai und dem aufstrebenden Katar. Und trotz des architektonisch anspruchsvollen und logistisch perfekt ausgestatteten Abu Dhabi National Exhibitions Centre (ADNEC) werden Meeting Planer ihre Entscheidung für die Durchführung von MICE-Veranstaltungen in der VAE-Metropole überdenken. Denn Unwägbarkeiten und Negativschlagzeilen sind Gift für jede Destination – besonders im harten Umfeld der Mitbewerber.

Zudem hat die Lufthansa ab kommenden Sommer ihre Direktverbindung zwischen Frankfurt und dem Emirat gestrichen. Als Grund gab der Carrier unfaire Wettbewerbsbedingungen an. So würden Fluglinien wie Emirates von ihren Regierungen mit massiven Subventionen unterstützt – während die Lufthansa ihrerseits vom Bund kaum Schutz erhalte. Die Lufthansa hat allerdings nicht nur mit der starken Konkurrenz vom Golf zu kämpfen, sondern auch mit hohen Kosten – und mit ihrer Ansicht nach zu hohen politischen Hürden auf dem Heimatmarkt: Ein Nachtflugverbot wie in Frankfurt oder gar eine Ticketsteuer wäre an den Flughäfen in der Wüste kaum denkbar.

Die Situation bei den Carriern bleibt spannend. Und der MICE Club bleibt am Ball.


Foto: Air Berlin

Autor: Michael Kaschytza

Veröffentlicht am: 21.10.2014


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