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Best Practice - Tagung/Kongress

Die re:publica wird TEN

Über die Inszenierung einer Konferenz als Festival

Die re:publica ist aus der digitalen Szene nicht mehr wegzudenken. Für all diejenigen, die mit der re:publica nichts anfangen können, sei schnell gesagt: Die jährlich in Berlin stattfindende Konferenz gehört zu den weltweit relevanten Veranstaltungen über die Themen des digitalen Zeitalters. Die #rpTEN war die größte re:publica aller Zeiten.

Zusätzliche 10.000 qm – 8.000 Besucher

Die diesjährige Jubliläumsveranstaltung – die zehnte Konferenz – lädt zum Rückblick und Vergleich ein: Alleine die Fläche ist um 10.000 Quadratmeter erweitert worden: Neu hinzugekommen ist das alte Kühlhaus des ehemaligen Bahnhofs „Station“ und eine zusätzliche Freifläche für‘s Netzwerken und Wohlfühlen. Auf 16 Bühnen wurde zeitgleich über die Zukunft der Medien und des Internets diskutiert.

Das einstige „Klassentreffen“ der Blogosphäre, das mit rund 700 Besuchern startete, hat sich von einer Gesellschaftskonferenz mit Festivalcharakter zu einer Konferenzmesse mit ca. 8.000 Besuchern gemausert. Alleine das Programm umfasst mehrere hundert Stunden und die Bandbreite der Themen reicht von Flüchtlingsthemen über Social Media-Themen wie Snapchat und Sharing Economy, Musik und Kunst bis zu Virtual Reality.

Trotz der Größe des Veranstaltungsortes – mit dem neuen Außengelände und der neuen Halle – ist der Zustrom für die beliebtesten Vorträge immer noch so groß, dass viele Besucher nicht mehr in die Vortragsräume hineinkommen. So bleibt also nur noch die Strategie, diejenigen Veranstaltungen, die einem wichtig sind, mindestens eine Dreiviertelstunde vor Veranstaltungsbeginn aufzusuchen, um sich rechtzeitig einen Platz zu sichern.

Klar, bei vielen Vorträgen – wie denen vom Sascha Lobo oder Gunter Dueck – kann man sich auch die Videoaufzeichnungen angucken. (siehe Links unten)

Ein Überangebot und die Angst, etwas zu verpassen

Die #rpTEN ist eine Veranstaltung der Superlative. Schnell macht sich das Gefühl breit – und man hört das Gefühl der „Unfähigkeit“ bei vielen Besuchern – nicht alles schaffen zu können. So bleibt ein leichtes Gefühl des Versagens. Denn: Mehr Vorträge bedeuten zwar eine größere Auswahl, aber auch die Qual der Wahl und das Gefühl ständig etwas zu verpassen. Als weiteren Wermutstropfen muss die Tatsache gesehen werden, dass der Konferenzbesucher längst zum Besucher einer kommerziellen Messe degradiert wurde. Kurz und gut: Mehr und größer ist nicht immer mit besser gleichzusetzen!

Tipp für Konferenzbesucher: Ruhig Blut

Hier zeigt sich auch, wer „alter“ und geübter Konferenzbesucher ist. Als Festivalbesucher muss man einfach Prioritäten setzen. Viele Besucher sahen ihre Prioritäten in der Möglichkeit des Netzwerkens. Und auch hier hat das neue Außengelände dazu verführt, ständig zwischen zwei Bereichen hin und her zu laufen. Viele Besucher nutzen das Event hauptsächlich, um sich auszutauschen und oft digitale Kontakte auch real kennenzulernen. Wenn man die Konferenz aus dieser Perspektive heraus besucht und sich nebenbei im Austausch und einigen Vorträgen auch inspirieren lässt, dann ist das Event gefühlt erfolgreich. Spannend und absolut nicht wegzudenken ist neben dem offiziellen Programm der Konferenz das inoffizielle Rahmenprogramm. Wie auch schon in den vergangenen Jahren hat Stefan Evertz eine Liste des inoffiziellen Programms rund um die re:publica zusammengestellt.

Klar, im Vergleich mit der South by Southwest® (SXSW®), die über 30 000 Besucher auf die ganze Stadt als Veranstaltungsort verteilt, war die re:publica überschaubar und heimelig. Im Vergleich zu den bisherigen Konferenzen und rückblickend auf die Anfänge in der Kalkscheune war es für so manchen Besucher unüberschaubar und riesig.

Konferenz im Festivalformat – ein neues Veranstaltungskonzept

Nach zehn Jahren re:publica mit ständig wachsenden Besucherzahlen und einer enorm gesteigerten Publizität (Bekanntheit durch Medien – wie den TV-Nachrichten) und Akzeptanz (Politiker und den Pressesprecher des Kanzleramtes findet man auf der Bühne der Veranstaltung), kommt schnell die Frage nach dem Erfolgsrezept der Veranstaltung auf. Die Gründer der re:publica, die ihr Event mit dem Slogan „Die Konferenz. Das Ereignis“ beschreiben, lassen zu, dass sich ihre Veranstaltung im Laufe der Zeit verändert, aber dem Kern treu bleibt. So fasste Andreas Gebhard, Gründer und Geschäftsführer der re:publica GmbH, auf der Mexcon diese Woche in Berlin treffend zusammen: Plane ein Event so, dass Du selber gerne hingehen würdest! In diesem Zusammenhang empfehlen wir den Beitrag „Neue Konferenzformate im digitalen Zeitalter am Beispiel der re:publica“ (erstmals erschienen im Handbuch Erlebnis-Kommunikation), der anschaulich erläutert, warum gerade dieses Format so erfolgreich ist.

Was macht den Erfolg der re:publica aus?

Die Veranstalter machen vieles richtig, denn immerhin wächst das Festival jährlich und gewinnt an Bedeutung. Folgende Aspekte machen – rein subjektiv betrachtet – den Erfolg des Veranstaltungskonzepts aus:

  • Es wird viel Raum für‘s Netzwerken gelassen. Zugute kommt auch, dass ab 18 Uhr auch nichtregistrierte Besucher das Gelände und den „Netzwerkhof“ betreten dürfen.
  • Obwohl die Veranstaltung sich verändert – und das macht auch den Reiz für wiederkehrende Besucher aus – bleibt das Veranstalterteam seinen Prinzipien und den Grundthemen treu.
  • Die Konferenz schafft es, immer wieder „neue“ Zielgruppen anzusprechen; alleine 2016 waren 4.000 Besucher – also die Hälfte der Gesamtbesucherzahl – Newbies.
  • Die Veranstaltung hat für das Angebot einen sagenhaft günstigen Preis: Hier scheinen die Einnahmen der großen Partner wie IBM, Microsoft und Aussteller wie Google oder ZDF an die Besucher weitergegeben zu werden.
  • Die re:publica hat sich starke Medienpartner ins Boot geholt, die eine Verbreitung in alle Medien quasi garantieren.

Das größte Plus des Events ist, dass die Gründer und Veranstalter mit Herzblut vor, während und nach der Konferenz dabei und ansprechbar sind. Vielleicht sollten die etablierten Eventler einfach mal als „Helping Hand“ eine Schicht auf der re:publica verbringen, um den Spirit einzuatmen. Denn – Tipp – wer einen Tag als Volunteer aushilft, lernt die Konferenz hinter den Kulissen kennen – und darf als Gegenleistung die übrigen Veranstaltungstage kostenfrei besuchen. Es „menschelt“ also und ist authentisch. Auftritte, wie die Abschlusszeremonie mit dem Abschiedssong Bohemian Rhapsody – gemeinsam gesungen mit Johnny Haeusler und dem Publikum – sagen viel aus.

Gastautorin: Pia Kleine Wieskamp

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Bildquelle: Pia Kleine Wieskamp

Autor: Gastautorin: Pia Kleine Wieskamp

Veröffentlicht am: 09.06.2016


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