Brich die Struktur (dann merken sie’s)
Zuschauer wollen nicht wissen, sondern erleben! Wie kann ich das Publikum also emotional packen? Dazu nach der sachlichen Struktur im dritten Gebot nun ein Griff in die Emotions-Toolbox.
Irritation schafft Aufmerksamkeit
Ein beliebtes Mittel, um Gäste bei Laune zu halten, ist mit bewussten Brüchen zu arbeiten – tue Unerwartetes! Alles was planbar und vorhersehbar ist, verbreitet Langeweile. Wie kannst du also irritieren? – Indem du den gewohnten Ablauf unterbrichst oder schon von Beginn an die altbekannte Sitzordnung änderst. Provokation macht die Sache erst recht brisant und rückt dein Thema in den Mittelpunkt.
Ein weiteres schönes Stilelement sind Perspektivenwechsel. Entweder ich ‚überhöhe’ den Status eines durchschnittlichen Besuchers, indem ich ihn etwas Besonderes erleben lasse (der normale Konzertbesucher wird vom Künstler auf die Bühne geholt wie bei Michael Bublé). Oder ich verändere den Kontext, so dass der Inhalt oder der Betrachter eine neue Sichtweise auf das selbe Thema erhält (von der Dachterrasse auf die Bauelemente schauen, so dass die vorher willkürlichen Objekte einen Schriftzug ergeben – die dann durch eine Verschiebung von Bodenplatten eine weitere Formation bilden). Schließlich kann ich auch mit einem Raumwechsel für neue Perspektiven sorgen: Warum nicht zum Beispiel die Besucher backstage auf die Opernbühne kommen lassen, wo der erste Vortrag stattfindet? Später öffnet sich dann der rote Vorhang und im eigentlichen Publikumssaal sitzt ein hundertköpfiges Orchester, welches den Titelsong für die Teilnehmerschar live spielt... Weitere kreative Ideen der Eventgestaltung beim MICE Club 2013 // Wie Meetings erfolgreicher gestaltet werden
Gerade in Deutschland wundere ich mich immer wieder, wo der Spaß-Faktor bleibt. Humor ist ein wundervolles Stilelement, um ein ernstes Thema aufzubrechen. Hier das Beispiel von Joe, dem Schnecken-Checker, der als Witzfigur immer wieder den Programmablauf einer kirchlichen Kinder- und Jugendmitarbeiter-Konferenz unterbricht und somit zum running gag wurde. Durch die Unterbrechung des vorhersehbaren Programmablaufs wachen die Teilnehmer immer wieder auf und re-fokussieren sich auf das Geschehen. Als inszenierte ‚Rache’ wurden dem Schauspieler übrigens von der Moderatorin Begriffe vorgegeben, die er dann als Tanzstil improvisieren musste. Das Publikum hat ‚Joe’ nicht nur geliebt, sondern lag unter den Stühlen vor Lachen und hat schon regelrecht nach ihm Ausschau gehalten.
Nutze Kniffe & Tricks
‚Das kenne ich auch - ja, genau so ist das!’ – idealerweise schaffst du es, Gäste mit vertrauten Assoziationen abzuholen. Welche Informationen triggern vertraute Emotionen im inneren Kopfkino? Dramaturgisch steigere ich auf der Inhalts-Ebene vom Allgemeinen zum Speziellen! Erstmal muss ich als Eventgestalter das große ganze Bild etablieren (sofern ich nicht auch hier gelernte Muster durchbrechen will), bevor ich mich zu den weiteren Details vorarbeite.
Großartige WOW-Effekte begeistern nachhaltig. Ich erinnere mich noch gut an die Armbänder beim Coldplay Konzert, die einzeln für sich zwar keinen Sinn ergeben haben –im Konzertverlauf aber abgestimmt auf Musik- und Lichteffekte– einen großartigen Moment mit allen Besuchern erzeugte. Ähnliche Effekte wurden mit LED Lichtern bei der Eröffnung der Olympischen Spiele in London oder bei der Super Bowl Halftime-Show 2014 herbeigeführt. Eine weitere Möglichkeit ist das Vergrößern von bekannten Elementen. Aus dem Theaterbereich entlehnt wurde beim New Media Award von der Kreativagentur insglück ein überdimensioniertes Pop Up Buch auf die Bühne gestellt. Sehr einprägsam und reduziert auf ein Element, welches aber eine Vielzahl von Spielarten ermöglichte. Hervorragend!
Emotion geht über Information
Ob bei der Nutzung von Bildern wie Musik, einer PowerPoint Präsentation bis hin zur Auswahl der Akteure auf der Bühne – Emotion steht für mich immer über der Information. Der Mensch will unterhalten werden, nicht nur lernen. Hierzu empfehle ich das großartige Plädoyer vom Theater- und TV-Experten Axel Beyer: Emotion – der Schlüssel zur Aufmerksamkeit
Warum nicht auch das innere Kind aktivieren? Oftmals sind es die natürlichen und naheliegenden Dinge, die den entscheidenden Unterschied machen können. Daher achte ich bei der Konzeption von Events auch immer darauf, durch Aufmerksamkeit und Wertschätzung für den Einzelnen zu überraschen (sofern dies möglich und gewünscht ist). Dazu muss ich die Bedürfnisse der Teilnehmer kennen – werden Handy-Aufladestation gebraucht oder eine Kinderbetreuung, vielleicht ein Parkplatz-Service, abhängig von der Location-Lage?! Zu guter Letzt versuche ich möglichst alle fünf Sinne anzusprechen, denn multisensuale Erlebnisse gehen tiefer und wirken nachhaltiger!
Fazit: Mit gezielt eingesetzten Brüchen wirkt dein Eventablauf erst richtig – denn dann merken die Gäste, dass du etwas mit ihnen vor hast! Als Faustregel gelten für mich die drei T’s: Transition, Timing & Tell your story (and finally add some magic & mystery to it)! Also die Übergänge von Programmpunkten, ein stimmiges Timing – nicht zu lang und nicht zu kurz – sowie das Erzählen einer stimmigen Geschichte – so werden Emotionen geweckt.
Nutzt du andere Stilmittel?! Am besten gleich auf meinem Facebook Kanal diskutieren und für tägliche Inspiration liken!
Gastautor Chris Cuhls ist als diplomierter Medienmanager in Köln ansässig. Als Eventregisseur, Konzeptioner und Show-Producer ist er mit der Live-Kommunikation namhafter Konzerne betraut. Auf seinem Blog schreibt er zu Themen der Dramaturgie, Inszenierung und Konzeption.
Lesen Sie mehr aus der Magazinserie vom MICE Club-Gastautor Chris Cuhls:
- Das 1. Gebot der Inszenierung –
Du musst wissen, was der Kunde will (auch wenn er es nicht weiß) - Das 2. Gebot der Inszenierung –
Geht nicht, gibt’s nicht! (auch wenn es dir keiner zahlt) - Das 3. Gebot der Inszenierung –
Baue eine Struktur (auch wenn’s keiner merkt) - Das 5. Gebot der Inszenierung –
Denk dran, es ist nie vorbei (auch schon bevor es angefangen hat) - Das 6. Gebot der Inszenierung –
Was du unbedingt vermeiden solltest (auch wenn es der Kunde verlangt) - Das 7. Gebot der Inszenierung –
Was hab ich eigentlich davon (auch wenn ich das schon ahne)